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WITHOUT A SOUND
Solo-Show at AJLart, Berlin, 2013 Text: Claudia Friedrich Seidel - siehe unten/see below |
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“Without a Sound” von Claudia Friedrich Seidel Frühe Arbeiten von Christine Rusche (*1971) zeigen mit Eddingstift übermalte Landschaften, als deren Grundlage sie auf Postkartenformat gebrachte Gebirgsmassive auswählte. Mittels schwarzer Balken und Flächen dekonstru-ierte sie die ursprüngliche Topographie und führte in die ‚natürliche’ Bilddimension das Monströse ein: Schwere, schwarze geometrische Formen überlagern oder durchscheiden einen ehemals massiven Prospekt und drohen, ihn zu verschlucken. Bereits in dieser von Rusche betitelten Serie der „Fictional Landscapes“ wurde offenbar, dass sie eine Künstlerin ist, für die es den absoluten, unveränderlichen Raum nicht gibt. Stattdessen vertritt sie in ihren weiteren Werkgruppen der „Framed Spaces“ und der „Raum-Zeichnungen“ bis heute eine relativistische Raumvorstellung, die den Raum als abhängige Größe von Körpern und ihrer Wahrnehmung sieht, welche – stetig veränderbar in ihrer Anordnung – den Raum als immer neu zu schaffende Erlebnisform gestalten lassen. Christine Rusche entwickelt in ihren Zeichnungen auf Backlitfolie oder in ihren immer in situ umgesetzten, temporären Wandarbeiten ihre Räume konsequent entgegen gegebener Standards und Normierungen, obgleich sie für ihre künstlerische Arbeit sehr klare Standards gebraucht: Ihre Raumvorstellungen entstehen wesentlich aus dem Kontrast Schwarz gegen Weiß, weil die zusätzliche Verwendung von Farbe (als Träger emotionaler Informationen) Assoziationen freisetzen, welche die Wahrnehmung und Atmosphäre bloßer Formen und Strukturen abschwächen, verzerren oder verdrängen würden. Weiterhin zeichnet sie mit Markertusche auf einer beschichteten Polyesterprintfolie, die für Leuchtdisplays verwendet wird, um auf dieser transluzenten Oberfläche ihre skulpturalen Markierungen zu setzen, die in ihren Rahmen hinter Glas zunächst wie gedruckt wirken. Bei näherem Betrachten weisen sie malerische Texturen auf, die Licht reflektieren, es brechen und sich im Glas spiegeln und somit die Wahrnehmung der Zeichnung mit einer visuellen Störung bewusst einhergeht. Auch verzichtet Rusche auf CAD Programme, um ihre „Raum-Zeichnungen“ innerhalb virtueller Welten entstehen zu lassen, sondern arbeitet sie konsequent am architektonischen Modell aus, dessen Maßstab sie so wählt, dass sie sich selbst darin imaginieren und hineinversetzen kann. Das Arbeiten am Modell ermöglicht es ihr auch, anders als das Arbeiten am Computermonitor, aus verschiedenen Standpunkten und Blickwinkeln den modellhaften Raum zu erschließen und direkt an ihm zu arbeiten. Es entstehen Raumbilder, die weder eindeutig illusionistisch oder repräsentativ noch fiktional bezeichnet werden können, das Schwarz der Flächen ist weder klarer Schattenwurf noch Scherenschnitt oder Silhouette. Auch die aktuelle Arbeit in der Ausstellung, „Point Of No Return“, stellt innerhalb des Ausstellungsraums ein Gravitationsfeld dar, in welchem die Erdanziehung nicht komplett aufgehoben ist, das sich dennoch als Raum einer anderen Ordnung präsentiert, ohne an Stabilität zu verlieren. Doch statt einem Lasten und Tragen der Architektur entsteht die Stabilität aus Vernetzungen mehrerer Fluchtpunkte, die immer einen Anschluss an den materiellen Realraum besitzen. Somit wird es den Betrachtern möglich, ganz im Sinne des Architekten Siegfried Giedeon, einer Essenz des Raumes auf die Spur zu kommen, der nur dann in seiner Vielfalt erfasst werden kann, wenn die unendlichen Möglichkeiten seiner inneren Beziehungen von mehreren Augenpunkten aus gesehen werden können. |
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